Wir sind dann wohl die Angehörigen | Johann Scheerer

Inhalt

25. März 1996. Jan Philipp Reemtsma wird gegen 20:20 Uhr vor seinem Haus überwältigt und entführt - zurück bleibt ein Erpresserbrief mit einer Lösegeldforderung unter einer scharfen Handgranate. Nach 33 langen, angsterfüllten Tagen, mehreren gescheiterten Übergabeversuchen, aber einer letzten erfolgreichen Geldübergabe von 30 Millionen DM, wurde Herr Reemtsma schließlich freigelassen. In seinem Buch "Im Keller", das 1998 im Rowohlt Verlag erschien, verarbeitet Jan Philipp Reemtsma die tragischen Ereignisse. Wie es auf der anderen Seite, die der Angehörigen in diesen Tagen aussah, erfahren wir nun aus der Sicht von Johann Scheerer, dem Sohn, der, zum Zeitpunkt des Verbrechens, 13 Jahre alt war.

Allgemeines

Johann Scheerer beschreibt in seinem Buch nicht nur die schwere Zeit der Entführung und all das Gefühlschaos, das damit verbunden war, sondern er macht sich so gesehen vor dem Leser auch emotional nackig. Wir erfahren über die Beziehung zu seinen Eltern, vor allem zu seinem Vater, was seine Eltern ausmacht und wer sie sind, wer er ist und vor allem wie er aufgewachsen ist. Dabei lässt er den Leser selbst in die eigene Kindheit zurück kehren. Zumindest, wenn er im selben Zeitraum groß geworden ist. Und obwohl Johann Scheerer und ich wahrscheinlich zwei grundverschiedene Menschen sind, habe ich doch einige Parallelen entdeckt, die mich eine Zeitreise durch meine eigene Kindheit und mein Erwachsen werden erleben ließen. 

Schreibstil

Den leicht metaphorischen Schreibstil fand ich persönlich sehr angenehm, weil er nicht übertrieben war und mich sehr zum nachdenken angeregt hat. Man hat das Gefühl, als würde Johann Scheerer mit einer Tasse Kaffee vor einem sitzen und seine Geschichte erzählen. Es wirkt ehrlich, authentisch und sympathisch.

 

Der Eindruck wurde zusätzlich dadurch verstärkt, dass ich das Buch als Hörbuch gehört und dabei sehr genossen habe, persönlich von Johann Scheerer seine Geschichte gelesen - eigentlich erzählt - zu bekommen.

Charaktere

Johann Scheerer ist mir vorher nicht unbekannt gewesen. Ich war ein großer Fan einer Hamburger Schülerband, in der er 1999/2000 gespielt hat. Im Zuge dessen bin ich auch auf das Buch seines Vaters aufmerksam geworden. Was Johann Scheerer mit seinem Buch allerdings zusätzlich geschafft hat, ist, eine sehr persönliche Note einzubringen. 

 

Ich habe in diesem Buch eine Familie kennengelernt, von der ich vorher wusste, dass sie wohlhabend ist, die sich aber nicht darauf ausruht und eigentlich auch nicht ständig in Verbindung damit gebracht werden möchte. 

 

Eine Familie, die sich nicht jeden Tag sagt, wie sehr sie sich liebt, weil das einfach nicht ihre Art ist - aber es trotzdem in kleinen Gesten auf ihre Weise ausdrückt und das ist auch gut so. 

 

Und nicht zuletzt einen Teenager, der, obwohl er wahrscheinlich keine finanziellen Sorgen hat, trotzdem immer noch ein Teenager ist und ebenso wie allen anderen, mit herrlich normalen Problemen zu kämpfen hat - klar, jeder kocht mit Wasser - aber manchmal muss man eben daran auch wieder erinnert werden.

Fazit

Ich habe selten eine so ehrliche, authentische Geschichte gelesen, die mich sowohl erschüttert und emotional mitgenommen hat, als auch durch zahlreiche Anekdoten selbst in meine eigene Vergangenheit zurückgeführt hat. Eine autobiographische Geschichte eines normalen, klugen Teenagers, dessen Familie ein schreckliches Ereignis zu verarbeiten hat - jedoch immer noch über den nötigen Galgenhumor verfügt.



Verlag: Piper

 

Seiten: 240

 

Hardcover: 20.00 € | ISBN: 978-3-492-05909-1 | weitere Infos

eBook (epub): 18.99 € | ISBN: 978-3-492-99106-3 | weitere Infos

 

Hörbuch:

 

Verlag: tacheles!/Roof Music

Sprecher: Johann Scheerer

 

ungekürzt (5 h 43 min): 20.00 €* | ISBN: 978-3-86484-474-4 | weitere Infos

 

* vom Verlag empfohlener Verkaufspreis

 

Stand: 28.03.2018


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